Fledermausschutz
Die Großen Mausohren im Turm der Burganlage in Lißberg
Fledermäuse und Menschen leben schon seit Jahrhunderten unter einem Dach. Gerade die Dachböden der Kirchen oder sonstige freie Räume werden schon immer von Fledermäusen genutzt. Der Burgturm in Lißberg und die evangelische Kirche in Schwickartshausen dienen schon lange dem Großen Mausohr als Sommerquartier. Nur wenige Spezies bevorzugen offene Dachböden, die meisten der ca. 21 Arten, die es in Hessen gibt, sind hauptsächlich Spaltenbewohner (Quartiere hinter Fassaden, Mauerhohlräume, Baumhöhlen u.s.w.).
Das Große Mausohr ist die größte heimische Fledermausart und hat ein Gewicht zwischen 25 und 40 Gramm. Die Spannweite beträgt ca. 360 bis 420 mm.
Im Dachboden des Burgturmes in Lißberg finden die Mausohren ideale Voraussetzungen für die Aufzucht der Jungtiere. Nur die Weibchen versammeln sich ab Mitte März nach dem Winterschlaf im Sommerquartier und verbringen hier die Zeit der Schwangerschaft und Jungenaufzucht bis gegen Ende Juli / Anfang August. Danach verlassen die Weibchen zeitweise das Quartier zur Balz. Die Jungtiere verbleiben teilweise bis Ende Oktober. Das Mausohrweibchen bringt zwischen Ende Mai bis Mitte Juni in der Regel nur 1 Junges zur Welt. Während der Schwangerschaft und der Säugezeit haben die Tiere einen hohen Nahrungsbedarf und benötigen pro Tag mehr als 50 % ihres eigenen Körpergewichtes an Insektennahrung. In der Umgebung von Lißberg mit seinen Laubwäldern und z.T. noch extensiver Landwirtschaft finden sie ein breites Nahrungsspektrum vor. Auf ihren nächtlichen Jagdausflügen in einem Umkreis von bis zu 20 km erbeuten sie Laufkäfer, Grillen, Maikäfer, Mistkäfer, Heuschrecken und Nachtfalter. Die Aufnahme der Nahrung erfolgt meist am Boden.
Zu einem deutlichen Bestandseinbruch kam es in den 60er und den frühen 70er Jahren, als sich die Zahl der Fledermäuse auf etwa 10% verringerte. Dieser Einbruch ist auf eine Vielzahl von Einflüssen wie Umweltgifte, Verschließen von Quartieren, Veränderungen in der Landwirtschaft usw. zurückzuführen. Eine der Hauptursachen ist jedoch der Einsatz von Insektiziden (DDT, Lindan usw.) in der Land- und Forstwirtschaft.
Im Wetteraukreis sind derzeit 3 größere Wochenstubenquartiere des Großen Mausohres bekannt, wobei die Quartiere in Lißberg und Schwickartshausen als ein Quartierverbund betrachtet werden kann. Ca. 300 Weibchen beherbergt der Turm in Lißberg jedes Jahr und ist somit als größte Wochenstube im Wetteraukreis von besonderer Bedeutung für den Fledermausschutz. Außer den Quartieren in Lißberg und Schwickartshausen befindet sich noch eine Wochenstube im Kloster Engelthal in Altenstadt.
Die Quartiere im Wetteraukreis werden ab 1992 von Adam Strecker aus Ranstadt (Schutzgemeinschaft Deutscher Wald SDW) und der Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz in Hessen (AGFH) betreut.
Alle Fledermausarten sind in Deutschland streng geschützt. Die Großen Mausohren sind nach Anhang II und IV der FFH Richtlinie besonders geschützt. In Anhang II der FFH Richtlinie sind Tiere und Pflanzenarten aufgeführt, für die Schutzgebiete eingerichtet werden müssen. Das Quartier in Lißberg darf deshalb in der Zeit von Mitte März bis Ende Oktober nicht betreten werden.
Eine naturnahe Waldwirtschaft, traditionelle Landwirtschaft, ein intaktes Biosystem sowie die Erhaltung geeigneter Quartiere sind Voraussetzung für das Überleben der „Großen Mausohren“ und aller anderen Fledermausarten. Die Erhaltung und Schutz aller Quartiere ist eines der wichtigsten Ziele im Fledermausschutz. Durch unsere moderne Lebens- und Bauweise hat sich vieles für die Fledermäuse negativ verändert. Heute sind alle heimischen Fledermausarten nach dem Bundesnaturschutzgesetzt besonders und streng geschützt. Wo Fledermäuse bereits wohnen, dürfen die Ein- und Ausflüge nicht behindert werden, die Quartiere selbst müssen störungsfrei bleiben und bei Renovierungsarbeiten und Umbau ist auf die Fledermäuse Rücksicht zu nehmen.
Informationen zum Thema Fledermäuse gibt es unter Tel. Nr.: 06041-6588 oder www.sdw-nidda.de
Adam Strecker


Fachwart Adam Strecker, SDW Nidda
Adam Strecker
Sudetenstraße 22
63691 Ranstadt
Tel. 06041 6588
Adam_strecker@t-online.de
Mausohrmonitoring 2022/2023
Bestandsdynamik der Wochenstubenkolonie im Burgturm in Lißberg
Quartierbetreuer: Adam Strecker
Überwachungstechnik: Chiro TEC, Karl Kugelschafter, Hollersgraben 27 35102 Lohra
Auswertung: Adam Strecker
Ziel der Untersuchung:
Der Burgturm in Lißberg, die evangelische Kirche in Schwickartshausen und die Klosterkirche in Engelthal
dienen schon lange dem Großen Mausohr als Sommerquartier. Die Bestände der Großen Mausohren
(GM) wurden ab 1997 in einem Monitoring in Hessen durch Hangplatzzählungen erfasst. Die
Zählung der adulten Weibchen erfolgte einheitlich im Mai jeden Jahres. Das Quartier in Lißberg wurde
noch Anfang der 1990 Jahre als Wochenstubenquartier mit einem mittleren Bestand genutzt. Die GM
verschwanden Mitten der 90er Jahre aus nicht geklärten Gründen fast vollständig. Nur noch vereinzelt
wurden im Burgturm ab 1997 GM angetroffen. Auch konnte durch eine Hangplatzzählung nicht alle
Fledermäuse eingesehen werden, weil eventuell in der nicht einsehbaren Zwischendecke GM vorhanden
sein konnten.
Erst ab dem Jahre 2017 wurde der Burgturm in Lißberg wieder von den GM besiedelt, nachdem das
Quartier in der Kirche in Lißberg durch nicht abschließend geklärte Ursachen (Störung durch Waschbären
und/oder Schäden im Dachfirst nach einem Sturm) nicht mehr im bisherigen Umfang genutzt
wurde.
Es ist deshalb für die lokale Population besonders wichtig, dass Störungen bzw. Unregelmäßigkeiten in
der Quartiernutzung in Lißberg frühzeitig erkannt werden, um den Bestand dauerhaft zu erhalten.
Am 14. April wurde deshalb eine spezielle Fledermausüberwachungseinrichtung (Fledermauslichtschrankensytem)
installiert, um die Ein- und Ausflüge täglich zu dokumentieren.
Das Lichtschrankensystem, bestehend aus einer Fledermauslichtschranke und einem Logger (Tricorder
9008e). Die Registrierung alle Ein- und Ausflüge erfolgt sekundengenau.
Die Fledermauslichtschranke verfügt über zwei Strahlenvorhänge aus jeweils 16 Einzelstrahlen. Anhang
einer logischen Unterbrechungsabfolge erkennt das System, ob es sich um einen Ein- oder einen
Ausflug handelt.
Komplettiert wird das Überwachungssystem durch ein Datenfernübertragungseinheit, Sie ermöglicht
den Zugriff auf die Tricorder 9008e und verschickt gleichzeitig jeden Morgen eine E-Mail mit den tagesaktuellen
Daten.
Neben Bestandsdaten vermitteln die Lichtschrankendaten einen differenzierten Einblick in die saisonale
wie auch nächtlichen Aktivität an der Einflugöffnung. Erkannt werden kann beispielsweise anhand
der Zwischeneinflüge der Geburtsphase, das Flüggewerden der Jungtiere genauso wie nächtliche
Störereignisse.
Bestandsentwicklung der Mausohrkolonien im Wetteraukreis auf Basis von Hangplatzzählungen
(1997-2023) bzw. einer automatisierten Bestandsermittlung im Burgturm in Lißberg ab 2022.
Kontrollen:
14.04.22 Installation der Fledermausüberwachungsanlage
17.05.22 Ausflugkontrolle zur Beurteilung von Lichteinwirkungen der vorhandenen Strahler,
(siehe separaten Kurzbericht)
20.7.22 Hangplatzzählung (Summe 228, Alttiere 65, Jungtiere 163, Lichtschranke 222)
01.08.22 Bestandskontrolle (keine Mausohren anwesend, Hornissennest im Türbogen)
11.11.22 Reinigung Dachboden Fledermausquartier
20.03.23 Kontrolle Fledermausquartier (ein Großes Mausohr sichtbar)
10.10.23 Bestandskontrolle (kleine Mausohrgruppe noch anwesend)
11.11.23 Reinigung Dachboden Fledermausquartier
Besiedlungsverlauf:
Jahr 2022 2023
Beginn der Geburtsphase: 30. Mai 8. Juni
Beginn des Jungtierausfluges: ca. 30. Juni 8. Juli
Maximale Anzahl der
einfliegenden ad. Mausohren: 397 (2.Juni) 340 (24. und 25. Mai)
Maximale Anzahl
Weibchen und Jungtiere: 546 (9. Juli) 524 (26.7)
Durchschnittliche Anzahl
ad. Mausohrweibchen: 381 323
(berechnet über dem Mittelwert der 10 höchsten Werte vor der Geburt der Jungtiere)
Abwanderung: 6.Juli 2022
Wegen Hornissen) Ende Oktober 2023
Ergebnisse:
Nutzung des Burgturmes in Lißberg durch das Große Mausohr im Jahr 2022 und 2023 auf der
Basis von bilanzierten Lichtschrankenregistrierungen
Diskussion:
Im Vergleich des Wochenstubenbestand 22 zu 23 kann festgestellt werden, dass die Wochenstube in
2023 ca. 2 Wochen später komplett besetzt war. Auch der Bestand an adulten Weibchen war geringerer.
Der Geburtstermin und der erste Ausflug der Jungtiere war entsprechend um ca. eine Woche später.
In 2022 kann von ca. 200 ausgeflogen Jungtiere und in 2023 von ca. 240 ausgeflogenen Jungtieren
ausgegangen werden. Nach den ermittelten Ausflugszahlen kann allerdings abgeschätzt werden, dass
der Anteil ausgeflogene Jungtiere zum Bestand der ad. Weibchen nach Geburt in 2023 größer war als
in 2022. In 2022 kann von ca. 56% und in 2023 mit ca. 74% geschätzt werden.




Mausohrmonitoring 2022 bis 2024
Bestandsdynamik der Wochenstubenkolonie im Burgturm in Lißberg
Quartierbetreuer: Adam Strecker (Lißberg und Schwickartshausen)
Dr. Anne Stolle (Kloster Engelthal)
Überwachungstechnik: Chiro TEC, Karl Kugelschafter, Hollersgraben 27, 35102 Lohra
Auswertung: Adam Strecker
Ziel der Untersuchung:
Der Burgturm in Lißberg, die evangelische Kirche in Schwickartshausen und die Klosterkirche in Engelthal dienen schon lange dem Großen Mausohr als Sommerquartier. Die Bestände der Großen Mausohren (GM) wurden ab 1997 in einem Monitoring in Hessen durch Hangplatzzählungen erfasst. Die Zählung der adulten Weibchen erfolgte einheitlich im Mai jeden Jahres.
Das Quartier in Lißberg wurde noch Anfang der 1990 Jahre als Wochenstubenquartier mit einem mittleren Bestand genutzt. Die GM verschwanden Mitten der 90er Jahre aus nicht geklärten Gründen fast vollständig.
Nur noch vereinzelt wurden im Burgturm ab 1997 GM angetroffen.
Auch konnten durch eine Hangplatzzählung nicht alle Fledermäuse erfasst werden, weil eventuell in der nicht einsehbaren Zwischendecke GM vorhanden sein könnten.
Erst ab dem Jahre 2017 wurde der Burgturm in Lißberg wieder von den GM besiedelt, nachdem das Quartier in der Kirche in Lißberg durch nicht abschließend geklärte Ursachen (Störung durch Waschbären und/oder Schäden im Dachfirst nach einem Sturm) nicht mehr im bisherigen Umfang genutzt wurde.
Es ist deshalb für die lokale Population besonders wichtig, dass Störungen bzw. Unregelmäßigkeiten in der Quartiernutzung in Lißberg frühzeitig erkannt werden, um den Bestand dauerhaft zu erhalten.
Am 14. April 2022 wurde deshalb eine spezielle Fledermausüberwachungseinrichtung (Fledermauslichtschrankensystem)
installiert, um die Ein- und Ausflüge täglich zu dokumentieren.
Das Lichtschrankensystem, bestehend aus einer Fledermauslichtschranke und einem Logger (Tricorder
9008e),registriert alle Ein- und Ausflüge sekundengenau.
Die Fledermauslichtschranke verfügt über zwei Strahlenvorhänge aus jeweils 16 Einzelstrahlen. Anhand
einer logischen Unterbrechungsabfolge erkennt das System, ob es sich um einen Ein- oder einen Ausflug handelt.
Komplettiert wird das Überwachungssystem durch eine Datenfernübertragungseinheit; sie ermöglicht den Zugriff auf den Tricorder 9008e und verschickt gleichzeitig jeden Morgen eine E-Mail mit den tagesaktuellen Daten.
Neben Bestandsdaten vermitteln die Lichtschrankendaten einen differenzierten Einblick in die saisonale wie auch nächtlichen Aktivität an der Einflugöffnung. Erkannt werden kann beispielsweise anhand der Zwischeneinflüge die Geburtsphase, das Flüggewerden der Jungtiere sowie nächtliche Störereignisse.
Im Jahr 2024 wurde in der Wochenstube im Kloster Engelthal erstmalig die Anzahl der Weibchen am 7. Juni mit Hilfe von Bildaufnahmen ausgezählt. Ab 2024 übernimmt Dr. Anne Stolle aus Staden die Betreuung des Quartiers im Kloster Engelthal.
Kontrollen:
14.04.22 Installation der Fledermausüberwachungsanlage
11.11.22 Reinigung Dachboden Fledermausquartier
11.11.23 Reinigung Dachboden Fledermausquartier
Ab 5.24 häufiger Ausfall der Lichtschranke durch Verschmutzung durch Turmfalken und/ oder
Dohlen. Im Turm brüteten 2 Brutpaare der Turmfalken in den 2 unteren Fenstern und
ein Paar Dohlen im letzten Treppenaufgang zum Quartier der Mausohren mit 3 Küken.
13.11.24 Reinigung Dachboden Fledermausquartier (5 Große Mausohren waren noch im Quartier)
Besiedlungsverlauf:
Jahr 2022 2023 2024
Beginn der Geburtsphase: 30. Mai 8. Juni 10. Juni
Beginn des Jungtierausfluges: ca. 30. Juni 8. Juli 11.Juli
Maximale Anzahl der
einfliegenden ad. Mausohren: 397 (2.Juni) 340 (24. 25. Mai) 349 (9.Mai)
Maximale Anzahl
Weibchen und Jungtiere: 546 (9. Juli) 524 (26.7) 436 (25.7)
Durchschnittliche Anzahl
ad. Mausohrweibchen: 381 323 330
(berechnet über dem Mittelwert der 10 höchsten Werte vor der Geburt der Jungtiere)
Abwanderung:
2022 6.Juli 2022 (wegen Hornissen)
2023 Ende Oktober 2023
2024 Mitte November 2024
Ergebnisse:
Nutzung des Burgturmes in Lißberg durch das Große Mausohr im Jahr 2022 bis 2024 auf der
Basis von bilanzierten Lichtschrankenregistrierungen
Diskussion:
In den drei Jahren, in denen die Lichtschrankenanlage im Burgturm von Lißberg (2022–2024) in Betrieb war, konnten deutliche Unterschiede in der Jungenaufzucht der Großen Mausohren festgestellt werden. Besonders auffällig sind die zeitlichen Schwankungen im Besiedlungsverlauf – vom Beginn der Besiedlung über den Zeitpunkt des ersten Auftretens der Jungtiere bis hin zur maximalen Anzahl der Tiere und dem Ende der Wochenstube.
Die Anzahl der adulten Weibchen im Mai 2024 ging im Vergleich zu 2022 um etwa 13 % zurück.
Noch drastischer war der Rückgang im Juli 2024, wo der Bestand im Vergleich zu 2022 und 2023 signifikant niedriger war.
Theoretische Schätzungen deuten darauf hin, dass 2024 fast 40 % weniger Jungtiere aufgezogen wurden als 2022 und etwa 30 % weniger im Vergleich zu 2023. Damit kann 2024 als ein äußerst schlechtes Jahr für die Aufzucht der Jungtiere eingestuft werden.
Als Hauptursache für diesen Rückgang dürften die ungünstigen Wetterbedingungen während der Wochenstubenzeit gelten, die durch ungewöhnlich hohe Niederschlagsmengen gekennzeichnet waren.
Dies führte zu einer stark eingeschränkten Nahrungsverfügbarkeit, insbesondere für Laufkäfer im
Wald, die eine wichtige Nahrungsquelle für die Fledermäuse darstellen.
Die Bestandszahlen der Wochenstubenquartiere in Schwickartshausen und Kloster Engelthal haben
sich in 2024 nach den Hangplatzzählungen im Juni gegenüber den Vorjahren deutlich erhöht.


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