Presse Berichte
40 Jahre Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Nidda
Samstag, den 8. und Sonntag, den 9. Juni 2024 in Nidda-Bad Salzhausen

Engagiert für den Schutz der Wälder
Pressetext FNP
Wie sieht der Wald der Zukunft aus? Was ist nötig im Kampf gegen den Klimawandel? Mit Vorträgen zu diesen und ähnlichen Fragestellungen feiert Niddas SDW-Ortsgruppe ihr 40-jähriges Bestehen.
Nidda (stf). Seit 1984 setzt sich der Niddaer Ortsverband der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) gegen Wald- und Umweltzerstörung ein. Dieses 40-jährige Bestehen feiert man nun in Bad Salzhausen zwei Tage lang ausgiebig. Tag eins steht ganz im Zeichen forstwissenschaftlicher Fachvorträge
Grußworte gab es von Niddas Bürgermeister Thorsten Eberhard und dem Vorsitzenden des Hessischen SDW-Landesverbands, Bernhard Klug. Im Mittelpunkt stand neben Rückblicken auf 40 Jahre lokale Naturschutzprojekte das Lebenswerk von Wolfgang Eckhardt. »Du warst über viele Jahre das Gesicht der SDW. Dass wir heute hier feiern, ist zum Großteil Dein Verdienst«, lobte Eberhard den langjährigen Vorsitzenden. Gleichzeitig freute er sich, dass man mit Bernd Reißmann einen würdigen Nachfolger mit großem Fachwissen fand.
Bernhard Klug erinnerte an die zahlreichen ökologischen Aufgaben des Waldes. Neben Holzproduktion und damit Arbeitsplatzsicherung sind Wälder wichtige Kohlenstoff- und Wasserspeicher sowie Luft- und Wasserfilter. »Jeder Baum absorbiert im Jahr fünf Kilogramm Feinstaub. Ein Hektar Wald entzieht der Luft 50 Tonnen Schadstoffe.« Klug zeichnete Wolfgang Eckhardt für sein tatkräftiges Engagement mit der SDW-Ehrennadel aus. »Streitbar, aber immer sachlich hat der Ortsverband Nidda viel bewegt und dies ausschließlich ehrenamtlich«, so Klug.
Schäden durch den Menschen
Thomas Ullrich vom Fachbereich Forsteinrichtung bei Hessen-Forst referierte über Geschichte und Ökologie des Waldbodens in Deutschland. Während zur Zeit der römischen Besatzung der Waldanteil im Bereich der heutigen Bundesrepublik rund 90 Prozent betrug, sank dieser im Hochmittelalter drastisch auf unter 20 Prozent ab.
Zum Vergleich: Hessen ist heute zu 43 Prozent bewaldet.
Zwar stieg im Spätmittelalter - bedingt durch die sogenannte kleine Eiszeit und die Aufgabe vieler Siedlungen - der Anteil wieder auf 27 Prozent. Der Wald wurde jedoch aufs Intensivste vom Menschen genutzt. Gewinnung von Holzkohle und Pottasche, Kahlschlagwirtschaft sowie leer gefegte Wälder durch Streunutzung führten dabei zu einer gravierenden Bodenveränderung und Erosion.
Bleieinträge, Schwefel- und Stickoxide sowie Pestizide aller Art belasteten den Waldboden in den folgenden Jahrhunderten.
Heute weiß die Forstwirtschaft, dass Waldböden wichtiger Bestandteil von natürlichen Kreisläufen und Biodiversität sind. Gesunder Waldboden, so Ullrich, enthält 25 Tonnen Bodenlebewesen pro Hektar. Fünfmal so viel wie Ackerboden. Tausende von Tier-, Pflanzen- und Pilzarten tummeln sich auf einem Quadratmeter Waldboden.
Pläne für den Wald der Zukunft
Etwas sperrig mutete der Titel des Vortrags von Dr. Heidi Döbbeler an. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NWFVA), Abteilung Waldwachstum, und stellte das Projekt »Klimarisiko- und Zielbestockungskarten Forst« vor. In diesem Projekt untersuchte man standortgerechte Baumarten unter veränderten klimatischen Bedingungen. Grundlage der Forschung ist das Szenario des Weltklimarats, bei dem alles so weiterläuft, wie bisher. Darauf basierend, erhöhe sich die Durchschnittstemperatur in Hessen - unter Beibehaltung der Klimapolitik des Jahres 2010 und weiterhin genutzter fossiler Energieträger - während der Vegetationszeit um 1,9 Grad bis zum Jahr 2070. In der Folge würden 155 Liter Niederschlag pro Quadratmeter und Jahr in der Wasserbilanz im hessenweiten Durchschnitt fehlen. Ausgehend von den gelieferten Klimadaten errechnete die NWFVA das Trockenstress-Risiko pro Baumart und jeweiliger lokaler Standortwasserbilanz.Ziel der Arbeit ist, auch in Zukunft strukturreiche, geschlossene Mischwälder zu haben, besonders mit Blick auf die spätere wirtschaftliche Verwertung des Holzes. Das Ergebnis mündete in eine Software, die per Smartphone-App und GPS-Verortung für beliebige Standorte dem Waldeigentümer Zukunftsbaumarten empfiehlt.

Die Natur braucht unseren Schutz
© 2025 sonntag-morgenmagazin.eu, Steffen Frübis
Seit 40 Jahren engagiert sich der Niddaer Ortsverband der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald für mehr Umweltbewusstsein. Wolfgang Eckhardt erzählt von den Anfängen des Vereins.
Seit 1947 setzt sich die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) mit Hauptsitz in Bonn bundesweit als Naturschutzorganisation für den Erhalt und Schutz der Wälder ein. Schwerpunkte der SDW sind naturbezogene Bildungs- und Jungendarbeit sowie Umweltprojekte.
»Als wir 1984 einen eigenen SDW-Ortsverband gründen wollten, gab es bereits seit drei Jahren eine Büdinger Ortsgruppe«, erinnert sich der langjährige Vorsitzende Wolfgang Eckhardt an die Gründungszeit zurück. Für viele naturinteressierte Niddaer war der Weg nach Büdingen zu weit, daher war die Zeit reif für einen eigenen Ortsverband. Am zweiten Wochenende im Juni feiert die SDW Nidda in Bad Salzhausen mit zahlreichen Veranstaltungen ihr vierzigjähriges Bestehen.
Einst Waldpolizei, nun Waldschützer
Wolfgang Eckhardt war lange Jahre Bereichsleiter und stellvertretender Leiter am Forstamt Nidda. Als er in den 1960er-Jahren die Laufbahn zum Forstbeamten einschlug, war die Ausbildung formal noch an die Polizeischule angegliedert. ›Waldpolizei‹ hieß das damals noch.
In der Anfangszeit der SDW Nidda waren deutsche Wälder noch geprägt von Monokulturen, Profitdenken und Waldsterben. »In dieser thematischen Gemengelage wollten wir damals eine Art Bewusstseinsänderung herbeiführen«, erläutert Eckhardt. »Wir versuchten dafür zu werben, dass nicht massiv und ununterbrochen in die Natur eingegriffen wird, sondern dass Natur auch unseren Schutz benötigt. Das ist noch heute unser Ziel.«
Die konstituierende Sitzung der SDW Nidda fand im Februar 1984 statt. »Zur Eröffnung konnten wir den damaligen Chef der Hessischen Landesforstverwaltung, Professor Joachim Fröhlich, gewinnen.« Eckhardt und die Mitinitiatoren konnten spontan rund vierzig interessierte Bürger und Bürgerinnen aus dem Umfeld der Großgemeinde gewinnen, die sich sofort der neuen Ortsgruppe anschlossen.
Der nach wie vor energiegeladene Endsiebziger und Hirschkäfer-Fachwart zählt eine Fülle von Maßnahmen auf, welche die SDW-Ehrenamtler in den vergangenen Jahrzehnten umsetzten. »Wir pflanzten eine enorme Menge von Bäumen, kümmerten uns um Waldameisen, Fledermäuse und Hirschkäfer. Alleine für Hirschkäfer legten wir zwanzig Brutbiotope an.«
Die Truppe organisierte weiterhin Zeltlager, Walderlebnis- und Familientage und plante unzählige Exkursionen in die nähere und ferne Umgebung.
Dass solche Exkursionen durchaus den einen oder anderen abenteuerlichen Charakter hatten, verschweigt Eckhardt nicht. Da war beispielsweise jener Reisebus mit Vereinsmitgliedern und Gästen, der sich über dem Odenwälder Felsenmeer unglücklicherweise festgefahren hatte. Da hieß es kurzerhand: »Alles aussteigen und bitte Hand anlegen!« Gemeinsam wurde der Bus am Heck so lange hin und her geruckelt, bis er wieder ordnungsgemäß auf der Spur war.
Gemeinsam mit dem Forstamt wirkte die SDW an etwa achtzig verschiedenen Stellen rund um Nidda. Eine der Herzensangelegenheiten des Forstmannes Eckhardt war dabei seit jeher das Anlegen von Feuchtbiotopen. In Wäldern sind Feuchtgebiete eine enorme ökologische Bereicherung: Sie bieten Lebensraum für wärmeliebende Insekten, Amphibien und Reptilien. Weiterhin dienen sie dem Hochwasserschutz sowie der Grundwasseranreicherung: Niederschläge laufen nicht einfach ungebremst und oberflächlich ab, sondern können allmählich in den Boden versickern.
Das fünfzigste von Eckhardt und der SDW initiierte Gewässerprojekt erhielt den Namen ›Wolfgang-Eckhardt-Teiche‹: Die vier Flachwasserteiche befinden sich im Kalten Grund zwischen den Stadtteilen Ulfa und Eichelsdorf.
Fachvorträge und Exkursionen
Hauptorganisator des Jubiläumsprogrammes am 8. und 9. Juni ist der ehemalige Forstamtsleiter Bernd Reißmann; der den Vorsitz der SDW Nidda im Jahre 2022 von Eckhardt übernommen hatte, nachdem Eckhardt den Posten 38 Jahre lang innehatte.
Das Festprogramm wird zum einen Fachvorträge im Parksaal von Bad Salzhausen umfassen, zum anderen Exkursionen in den Kurwald zu Themen wie Klimawandel und Waldboden.
Insbesondere sonntags werden auch Kinder nicht zu kurz kommen: Spielangebote und eine Waldolympiade sollen die Angebote abrunden. »Nachwuchs ist für uns - wie für die meisten Vereine - selbstredend sehr wichtig«, betont Wolfgang Eckhardt. »Altersbedingt sind unsere Mitgliederzahlen im Moment leider sinkend. Neue Mitglieder sind sehr willkommen!«
Einen eigenen Baum pflanzen und beobachten

Effolderbach (mü).
Stolz, Freude und dazu ein paar Spuren von der Erdarbeit zeichnen sich in den Gesichtern der jungen Waldarbeiter ab: 16 Mädchen und Jungen aus der Klasse 3b der Stockheimer Keltenbergschule haben soeben oberhalb von Effolderbach eine vom Borkenkäfer kahlgefressene Waldlichtung mit jungen Baumhasel- und Spitzahornsetzlingen aufgeforstet.
Verbissschutz und ein Namensschild
Anschließend versahen die Kinder die jungen Bäume mit einem Verbissschutz und brachten schließlich noch ein Holzschild mit ihrem Namen an, um »ihr« Bäumchen bei späteren Spaziergängen wiederfinden zu können.
»Dank des leichten Schneeregens haben wir heute ideales Pflanzwetter - viel besser als in den letzten trockenen Tagen«, freut sich Sven Hoffmann, Initiator der Aktion, Vorsitzender der Isenburger Waldgesellschaft und Geschäftsführer der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Bezirksverband Büdingen. Sein Sohn Luca besucht die Klasse 3b der Keltenbergschule und ist natürlich mit von der Partie, ebenso wie die Lehrer Kevin Fischer, Regine Lohr und Serena Morgenstern sowie Clemens Fischer und Martin Walter vom Forstamt Nidda.
»Für die Kinder ist dies nach zwei Jahren der Pandemie der erste Klassenausflug - entsprechend groß ist die Freude und auch der Eifer beim Pflanzen«, erläutert Sven Hoffmann.
Zu Fuß ist die Gruppe am Morgen von der Schule aus zur Bonifatiushütte am Waldrand von Effolderbach aufgebrochen. Dort, direkt an der Bonifatiusroute, haben sich die Kinder erst einmal mit Kuchen, Apfelsaftschorle und heißem Tee gestärkt, denn tatsächlich ist es an diesem 1. April nasskalt und eher unfreundlich, dazu wirbeln Schneeflocken durch die Luft.
»Clemens Fischer hat der Klasse dann eine kleine Einführung in Baumkunde gegeben und verdeutlicht, wie die Wurzel in der Erde Wasser und Nährstoffe aufnimmt, die durch die Baumkapillaren bis in die Blattspitzen transportiert werden«, erklärt Sven Hoffmann. Einige Kenntnisse seien bei den Kindern bereits vorhanden gewesen - tatsächlich seien aber viele während der Pandemie eher selten in den Wald gekommen.
Setzen, Schützen und Kennzeichnen
Nach der Theorie folgte die Praxis: Das Graben von Pflanzlöchern auf der Waldlichtung, deren ursprünglicher Fichtenbewuchs der Trockenheit und dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen war, das Setzen, Schützen und Kennzeichnen der jungen Baumhasel- und Spitzahornsetzlinge, die als besonders klimarobust gelten und den umgebenden Buchenwald durchmischen sollen. Seit über 60 Jahren gehöre die Waldpädagogik zu den wichtigsten Aufgaben der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, die mit der Waldjugend einen eigenen Jugendverband ins Leben gerufen hat, Pädagogen und Eltern sowie Kinder und Jugendliche berät, begleitet, zum Naturschutz und zu Freizeitaktivitäten im Wald einlädt, erläutert Sven Hoffmann.
Das Konzept, Kinder aktiv in Schutz und Erhaltung des Waldes einzubinden, geht auch an diesem Vormittag auf, die jungen »Waldarbeiter« sind begeistert: »Das ist toll, jetzt habe ich hier oben einen eigenen Baum im Wald, kann vorbeikommen, wann ich will und mir ansehen, wie schnell er wächst und mich überholt«, stellen die Mädchen und Jungen zufrieden fest.